Genazino Wilhelm

 

Wilhelm Genazino

 

*22.Januar 1943 in Mannheim

† 12. Dezember 2018 in Frankfurt am Main


Werke unter anderem :


Abschaffel   1977

Das Glück in glücksfernen Zeiten   2009

Tarzan am Main   2013

 

Auszeichnungen unter anderem :


2004 Georg-Büchner-Preis

2010: Rinke-Sprachpreis der Guntram und Irene Rinke Stiftung 

für Das Glück in glücksfernen Zeiten

2014: Goetheplakette der Stadt Frankfurt am Main

 

 

 

Das Glück in glücksfernen Zeiten

Ein Mann lebt mit sich selbst und seiner Freundin auf halbwegs gutem Fuße.

Doch dann äußert die Freundin einen Wunsch, der nicht vorgesehen ist

in seinem Lebenskompromiß.

Wie weit wird einer gehen, um davonzukommen ?

 

Mein Einwurf

Zur Ruhe kommen, zu sich selber finden, den Gedanken auch mal freien Lauf lassen und eventuell auch ein bißchen die Suche nach dem eigenen Glück, zumindest nach der Möglichkeit, einige Momente glücklich zu sein. Aber was heißt das eigentlich ?

Was würdest du antworten, wenn ich dich fragen würde, ob du glücklich bist ? Wahrscheinlich „ja“, wenn du jung bist und es dir genügt, am Abend mit deinen Freunden irgendwo „abzuhängen“, wie man es wohl heute nennt, wenn es dir genügt, über dein Handy, Ipod oder wie diese Geräte heißen, mit sogenannten Freunden verbunden zu sein, deine Arbeit zu verrichten und anschließend dich von irgendwelchen Medien berieseln zu lassen, dich am Busen deiner Freundin oder deinen Freund an deinem Busen ausruhen zu lassen, natürlich mit dem Handy in der Hand. Mehr brauchst du nicht ? Ist das dein Leben ?

 

Hast du schon mal darüber nachgedacht, was Glück eigentlich ist ? Laut Albert Camus war der glücklichste Mensch ein Herr Namens Sisyphos.Genau ! Der Typ, der den ganzen Tag einen Stein den Berg raufrollt,einen Stein,der dann kurz vorm Ziel den ganzen Weg wieder runterkullert.

 

Aber ist das nicht genau die Situation, die ich oben versucht habe zu beschreiben ? Glück ist auf jeden  Fall etwas Individuelles. Man kann es nicht allgemein beschreiben, weil jeder es für sich definieren muß. Es gibt nicht das Glück, sondern nur dein Glück.

Ein Kritiker hat über Genazinos Erzählung „ Das Glück in glücksfernen Zeiten“ geschrieben: Am Anfang gibt es zu viele Plastiktüten. Aber existiert unser Leben nicht in Plastiktüten ? Wir packen es ein, schieben es hin und her, hängen es irgendwo auf wenn es lästig ist, wenden uns ihm vielleicht mal zu, schieben es unter den Tisch, um es zu verbergen, ziehen es wieder hervor, wenn es uns nützlich erscheint. Eigentlich ist uns das Leben eine Last, welches wir in einer Plastiktüte mit uns herumschleppen.

Gestern habe ich von meinem Fenster aus einen Menschen beobachtet, der Pfandflaschen einsammelte und sie in Plastiktüten verstaute. Jede Flasche bedeutete für ihn Glück, welches er in seine Tüte stopfte und mit einem alten Fahrrad heimwerts transportierte.

Und genau in dieser Plastiktüte bewahren wir das Glück auf, wie dieser Flaschensammler, in glücksfernen Zeiten oder für glücksferne Zeiten.

Wann ist eigentlich dieses in glücksfernen Zeiten ? In der Zukunft, heben wir das Glück auf, für eine Zeit in der es gebraucht wird, in der Gegenwart, gerade jetzt benötigen wir es, benötigten wir es, in der Vergangenheit, ist es das Glück, das wir benutzten, als es uns fehlte ?

In Zeiten ohne Glück, ist eigentlich alles Glück, jedenfalls klammern wir uns an jeden Strohhalm. Wir erfinden zum Beispiel Geschichten, die von unserem Glück erzählen, um uns herauszuheben aus dem Unglück, das uns mit der Masse verbindet. Es entsteht ein Ersatzglück, das nur die Funktion hat, uns Mut zu machen, das wirkliche Glück weiter zu suchen, zu verfolgen. Nicht aufzugeben.

Da kommt uns auch unsere Kindheit entgegen, die war schon glücklich, wenn wir an der Hand der Mutter gehen durften und dann auch noch ein Paar neue Schuhe bekamen. Damals war es für uns selbstverständlich, aus heutiger Sicht empfinden wir es als eine glückliche Situation.

„Erst später ging mir auf, daß ich tatsächlich schuld war.

Wenn ich nicht gewesen wäre, hätte sie die Schuhe nicht kaufen müssen…“

„Um mich wieder schuldfrei freuen zu können, faßte ich meine Mutter an der Hand….“

Genazinos Held sammelt keine Flaschen in Plastiktüten ein, aber schmutzige Wäsche in seinem kleinen Geschäftswagen. Er, der promovierte Psychologe, der, der eigentlich den gedanklichen „Abfall“ einsammeln sollte, um ihn „gereinigt“ an seine „Kunden“ zurückzugeben, anders ausgedrückt, die Probleme in Glück verwandeln sollte, um die Menschen wieder auf den richtigen Weg zur eigenen Freiheit zu führen. Seine Lebensgefährtin möchte ihn dahin führen, indem sie den Wunsch nach einem Kind äußert. Aber Wunscherfüllung ist eben nicht gleichbedeutend mit Glück.

Das Problem liegt auf einer anderen Ebene. Das Glück ist eigentlich gar nicht fern. Man hat es täglich vor sich, erkennt es nur nicht. Leiden wir nicht alle unter dieser Wahrnehmungsblindheit? Wir sehen das alltägliche Glück nicht, nehmen es nicht wahr, es ist vor einem, aber man sucht es in der Zukunft. Und noch etwas dürfen wir nicht verwechseln: glücksfern bedeutet nicht glücklos.

Brauchen wir eine „Schule der Besänftigung“, um abzulassen von der ewigen Jagd nach dem Glück? Glück macht nicht zwingend glücklich, besonders dann nicht, wenn wir es nicht wahrnehmen. Scheitern wir am täglichen Glück?

Die Auflösung dieses Dilemmas – dieser Verrücktheit – bietet der letzte Satz: „Offenbar kann ich, ….,immer noch wählen, wie ich in Zukunft leben will.“

Und genau in diesen unendlichen Möglichkeiten steckt das Glück auch in glücksfernen Zeiten.



 

 

 

 

Abschaffel

Abschaffel, Flaneur und Workaholic des Nichststuns, streift durch eine Metropole der verwalteten Welt. Mit innerer Phantasietätigkeit kompensiert er die äußere Ereignisöde seines Angestellten-Dasein. Das Aufgebehren der 68er ist vorbei, geblieben ist nunmehr private Trauer: Abschaffel schlägt alle Zerstreuungsangebote der Freizeitindustrie aus. Ein ganzer Katalog häuslicher Empfindlichkeiten tritt an die Stelle de nicht stattfindenden Lebens.

Abschaffel unternimmt mehrere kläglich-komische Anläufe zum Ausbruch.

 

Mein Einwurf

So wird Abschaffel als ein Roman über Angestellte in den 70er,80er Jahren hingestellt. Vielleicht wollte Genazino auch darüber schreiben, ich weiß es nicht und will es nicht abstreiten, aber für mich ist es ein Roman über die Einsamkeit innerhalb der Gesellschaft, die Angst vor der Einsamkeit eines Menschen, eventuell auch die Einsamkeit jener Zeit. Sie wird nämlich auch deutlich im Bild der damals üblichen Großraumbüros, der Wohnungseinrichtungen, der Gesellschaft allgemein, die sich von der Nachkriegszeit noch nicht ganz gelöst und die 68er noch vor sich hatte. Das Großraumbüro war die Welt der Angestellten, ihre kleine Welt, aus der sie auch privat nicht herauskamen, genauso wie sie aus der eingeengten Gesellschaft dieser Jahre nicht herauskamen und in ihrem Inneren abstarben.
 Abschaffel ist die Einsamkeit jener Zeit. Und vielleicht auch schon wieder - auf einer anderen Ebene - unserer.

Wer lange alleine ist, hadert mit der Zeit mit sich selber, aber auch mit der Umwelt, den Menschen allgemein, ja sogar mit den toten Gegenständen, die das Gefühl vermitteln, sich gegen ihn zu wenden, ihn zum Opfer zu machen. Er meint, eingesperrt zu sein in das Gefängnis „Leben“.

„...wer hier spazierenging, mußte es zwischen Lastkraftwagen, Lagerhäusern und Drahtmaschenzäunen tun.“ Wie auf einem Gefängnishof.

Ja, sogar gegen die, die ihn geboren haben, die für seine Geburt verantwortlich sind, entwickelt er Rache und Scham.

In seiner Einsamkeit merkt der Mensch gar nicht, wie gleichgültig er seinem Umfeld ist, geworden ist. Für ihn erlangt jedes Detail Wichtigkeit, muß alles einen Grund haben, nur er selber ist in der Welt nicht wichtig, nicht mehr wichtig.

Abschaffel, war das überhaupt ein Name ? Wird da einer abgeschafft ? Schafft er sich ab? Die Gesellschaft ihn ? Er sich in der Gesellschaft ? Ist er noch nützlich für die Gesellschaft, nützlich für sich selber ? Nicht einmal einen Vornamen hat er.

„ Er mußte Erschöpfer und Abnehmer einer übergeordneten Vornehmheit sein, die mit dem Leben keine Anstände hatte.“

Nun, Schöpfer wollte er nicht sein, daß wäre dann doch etwas zu hoch gegriffen und auch nicht Erschaffer. Also bezeichnet er sich als Erschöpfer, nimmt das aber gleich alles wieder ein Stück zurück, denn er will auch keine Anstände mit dem Leben haben, also nicht anstößig sein.

Abschaffel ist Angestellter einer Speditionsfirma. So wie da ist für ihn auch jede Kleinigkeit im Laufe des Tages, seines Lebens wichtig. Er tranportiert die Augenblicke durch sein Leben.

Jede Kleinigkeit wird zu einem großen, kaum lösbaren Problem. Dadurch stolpert Abschaffel von einer Überlegung in die andere und ist so kaum noch handlungsfähig, lebensfähig.

Zwischendurch versucht er sich immer wieder in der Sexualität zu finden, aber auch das gelingt nicht. Selbst als Zuhälter taugt er nicht, denn die Sexualität ist doch auch nur eine Flucht vor dem Leben.

„Abschaffel wartete, bis sie eingeschlafen war und rollte sie dann von sich herunter...“ So, wie er alles von sich herunterrollte, um nichts an sich herankommen zu lassen.

In der Welt der Einsamen gibt es keine Gefühle und wenn sie auftauchten, stören sie nur, weil sie ihre Welt  der Einsamkeit zerstören. Das Alleinsein kann man nur leben, wenn man alles von sich abhält, herunterrollt. Alles was die Welt betrifft – und dazu gehören ja auch Gefühle – nichtet die Einsamkeit, das Alleinsein, das Selbst-Sein.

Er existiert vor der Welt, nicht in der Welt. Er hatte den Anschluß an die richtige Welt verpaßt.

Alles lief wie ein Film an ihm vorbei und er betrachtete diesen Film nur. Um aus dieser Rolle herauszukommen, braucht man eine Person, die einen versteht und für beide einen eigenen Alltag erschafft.

Der Einsame kann nicht aus seiner Haut heraus, kann nicht sagen, wer er wirklich ist. Er kann nicht über sich sprechen, weil er ständig glaubt, alles falsch zu machen, weil er sich schuldig fühlt, schuldig an seinem Sein.

Abschaffel versuchte auch im Büroalltag sich aus der Masse herauszuheben (siehe Lösung des Aschenbecherproblems), weil seine Einsamkeit, die durch die tägliche Eintönigkeit noch verstärkt wurde, ihn auch dort nicht verließ.

Er lebte nicht im Jetzt – doch – aber nicht in der Realität. In seinen Gedanken existiert eine ganz andere Welt, in der er aber wenigstens eine Rolle spielt.

An all seinem Mißmut, so dachte Abschaffel und so denken wohl alle Einsamen, sind die anderen schuld, denn die sind des Denkens nicht mächtig und außerdem ihm geistig sowieso unterlegen.

„Aber vielleicht waren diese Leute  überhaupt nicht mehr schuldfähig, überlegte er, sie handelten und redeten, und vermutlich hatten sie keine Einsicht in ihr Handeln und Reden.“

Und so klärt er alle Mißverständnisse und überhaupt alles  mit sich selber, weshalb er auch von einer Laune in die andere fiel.

„Er war gewohnt an die Finsternis des Alleinessens.“ An die Finsternis des Alleinseins. „Der eigene Teller war für ihn ein abgeschlossenes Territorium“ Seine abgeschlossene Welt, und davon durfte ihm niemand etwas nehmen.

Wichtig war für ihn, daß er gegenüber anderen nichts falsch machte. Und er wußte nie, ob er die wichtigste Person  in seinem Leben oder in dem der anderen war. Oder handelte es sich bei ihm nur um einen Versager ? Aber niemand hat je das Recht, ihn zu tadeln, seit seiner Kindheit nicht mehr.

So ein Mensch wie Abschaffel, so ein einsamer Mensch hat auch kein Glück, nicht in irgendwelchen Preisrätseln, noch sonst im Leben. Nicht einmal einen Trostpreis hatte er gewonnen. Oder war er sogar der Trostpreis?

Das Leben hatte kein Glück mit ihm und er nicht mit dem Leben.

Deshalb produzierte Abschaffel alles Schlechte auf sich, um sich für die erleidende Einsamkeit zu rechtfertigen. (Verlassen von Margot, schlechtes Restaurant, Essen, etc.)

Aber die Geschichte mit Frau Schönböck zeigt auch, daß sich die Vereinsamung nicht nur auf Abschaffel bezieht, sondern in der Gesellschaft verbreitet ist. Nur, jeder versucht sie auf seine Art zu lösen. Frau Schönböck zum Beispiel durch Lügen. welche aber nur zu weiteren Problemen führen.

Auch Abschaffel formt sich seine eigene Welt, indem er sich immer wieder Dinge einredet und irgendwelche Gedanken verfolgt.

Selbst der Besuch von Bordells konnte ihm seine Einsamkeit nicht vertreiben, denn in diesen außergewöhnlichen, nicht alltäglichen Situationen verklärt sich das Bewußtsein von unserer Einsamkeit.

In der Sexualität, auch in der zu sich selber, suchte er Menschen, die ihn verstehen, entzog sich dabei aber immer mehr den Menschen, der Wirklichkeit.

Da es niemanden gab, mit dem er wirklich über alles reden konnte, redete er über alles mit sich selber, wobei es zu ständigen Widersprüchen kam.

Sein Grundgefühl: Er wartet auf die Enttäuschung, weil nur sie ihn bestätigen kann. Die Hoffnung auf Änderung seines Lebens, machte ihn nur noch einsamer, weil er wußte, daß die Erfüllung ausbleiben würde.

So sucht er Anerkennung in einer Welt, die er nicht versteht, die aber nach seinen Regeln funktionieren soll, ja muß.

„Er spürte, daß er einen Ausweg braucht...“, denn in einem Traum fühlte er sich so alleine, daß ihn sogar seine Zähne zu verlassen drohten.

Aber Abschaffel fühlt sich nicht nur einsam, sondern auch unverstanden. Die Welt versteht ihn nicht, er versteht sich nicht, er gehört nicht in die Welt und blickt nur von außen auf sie. Alles ist außerhalb von ihm, er und die Welt gehören nicht zusammen.

Die Menschen oder gar Menschenmassen kann er nicht ertragen, weil sie ihm seine Einsamkeit nehmen, sie würden ihn zu einem Teil von sich machen und er wäre dann nicht mehr er. Nur noch Teil des Films, den er um sich herum beobachtet, Teil in einem Schaufenster, in welches er immer gerne schaut.

So gab es immer unzählige Fragen, innerhalb und außerhalb von ihm und er mußte auf alle Fragen stets eine Antwort finden. Erst im Schwimmbad beim Hinausschauen durch die Glaswand – hier heben sich innen und außen auf – bemerkt er plötzlich, „daß er die Antworten auf all seine Fragen nicht unbedingt wissen mußte, um weiterleben zu können.“

Er war einsam in seinen Gedanken, einsam in seinem Verstehen-Wollen, er bekam keine Erklärungen von außen, auch nicht in der Klinik.

Man ist „blos ein Wesen, aber keine Person“, also nur ein Abschaffel ohne Vornamen. Keine Person, die am Leben teilnimmt, nur ein Wesen, welches in einem Film mitläuft.

„Aber wer einmal lebte, mußte es ununterbrochen tun.“ 

„Das paßte ihm zwar nicht, aber er konnte es nicht ändern.“



 

 

 

 

 

Tarzan am Main

Spaziergänge in der Mitte Deutschlands

 

Wer Deutschland sehen will, fährt nach Berlin oder München, auch an den Rhein. Aber sind die lupenrein schönen Städte wirklich interessanter, bedeutender, lebenswerter ? Oder sind die Verehrer der schönen Gegenwart in den Metropolen einem Irrtum aufgesessen? Liegt das wirkliche Deutschland nicht ganz woanders ? Dort, wo man keine Stadtrundfahrten macht ? Vielleicht sogar in einer Fußgängerunterführung in Frankfurt am Main ?

 

Mein Einwurf

„In der Rohrbach-Straße geht ein nach Sandelholz duftender Inder an mir vorbei.“

Dieser erste Satz scheint klischeehaft. Aber begegnen uns nicht dauernd Klischees ? Zumindest Gewohntes, das wir aber gar nicht mehr wahrnehmen ?

Frankfurt ist auch nicht mehr die Bankenstadt. Frankfurt „läuft in einem zu groß geratenen Anzug herum.“

Man muß davon gedanklich Abschied nehmen, daß Erfolg angenehmer und schöner macht. Erfolg soll eben nicht gefallen. Das gilt privat, geschäftlich und auch für eine Stadt.

Aber der Mensch – so auch der Frankfurter – liebt es, „mit etwas Bedeutsameren gleichgesetzt zu werden“ und meint, schon alleine damit auch bedeutsamer zu sein.

So verändert sich mit der Zeit nicht nur die Stadt, sondern auch die Menschen in ihr haben einen Prozeß durchgemacht. Zum Beispiel von der Arbeiterklasse zur Angestelltenschicht.

Man war – und das habe ich fern von Frankfurt selber erlebt – für die Arbeiter, aber wollte doch nicht mehr dazugehören, wollte weiter, oben dabeisein. Im Gegensatz zum Arbeiter, der sich mit seiner Rolle abgefunden hatte und außerdem durch die Weimarer Republik und die Nazizeit aus seiner Verängstigung und Anpassungsbereitschaft nicht mehr heraus kam. Später wurde unbemerkt die Arbeiterklasse immer geringer und die Angestelltenschicht übernahm das Ruder. Aber auch in dieser geschlossenen Gesellschaft hielt es einen nicht. Auch Genazino nicht.

Vielleicht wird es in dem „komischen“ Gedicht des Frankfurter Dichters Robert Gernhardt recht deutlich:

Lieber Gott, nimm es hin,

dass ich was Besond`res bin.

Und gib ruhig einmal zu,

dass ich klüger bin als du.

Drum preise künftig meinen Namen,

sonst setzt es etwas. Amen.

Ist diese Stadt, so fragt Genazino, provinzlerisch ? Nein, nicht die Stadt ist es, sondern eine große Zahl ihrer Bewohner.

Dieses Buch ist weniger ein Spaziergang durch eine Stadt, durch Frankfurt, sondern einer durch das Leben des Autors, wobei er an einigen Punken der Stadt anhält, ausruht und nachdenkt. Über die Stadt, über die Menschen, über sein Leben.

„Ich muss immer noch über sie lachen, niemand sieht es, niemand hört es.“



 

 

 

 

 

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