Matt von Peter

 

Peter von Matt

* 1937 in Luzern 

Schweizer Germanist und Schriftsteller

 

bis 2002 Professor an der Universität Zürich,

Mitglied der Akademie der Künste, lebt in Dübendorf (Schweiz).


Werke unter anderem :


Wörterleuchten   2009

Was ist ein Gedicht ?   2017

 

Auszeichnungen unter anderem:


2006: Heinrich-Mann-Preis

2007: Brüder-Grimm-Preis der Philipps-Universität Marburg

2012: Schweizer Buchpreis für Das Kalb vor der Gotthardpost

2014: Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main

2017: Zürcher Festspielpreis

 

 

 

 

Wörterleuchten

Kleine Deutungen deutscher Gedichte

 

Sechzig Gedichte erschließt Peter von Matt in diesem Buch,

vom Mittelalter bis zur Gegenwart, von Klassikern

wie Goethe, Heine, Hölderlin oder Brecht

bis zu lyrischen Funden von kaum bekannten Dichtern.

Den Originaltexten folgt eine geschliffene Interpretation,

die das Metrum, die Sprache, die Zeitgeschichte ausleuchtet 

und nicht mehr Lektürezeit in Anspruch nimmt als das jeweilige Gedicht.

So wird der Leser unangestrengt mit den Besonderheiten der Texte vertraut

gemacht, blendend unterhalten und nicht zuletzt zu eigenen Gedanken

angeregt: über die Schönheit der Natur,

die Politik, die Gesellschaft, über Vergänglichkeit und Tod

und immer wieder über die Liebe in ihren vielen Formen.

 

Mein Einwurf

Seit der Beschäftigung mit den Interpretationen von Peter von Matt sehe ich mir viele Gedichte ganz anders an. Nein, man kann seine wunderbare Art nicht nachahmen, jedenfalls ich nicht, aber man lernt bei ihm einen intensiveren Blick auf die Einzelheiten, erkennt Kleinigkeiten, die beim Lesen sonst zunächst überhaupt nicht wahrgenommen wurden. Mit anderen Worten, nur was man sofort verstanden hat, was gleich deutlich war, hat man herangezogen und dabei oft das wirklich Wichtige gar nicht mitbekommen.
Martin Walser hat es mal anders, viel besser ausgedrückt: "Was man verstand, hat man sofort verstanden, und das andere immer wieder mitgelesen."

 Ja, die großartigen Deutungen im Wörterleuchten bewirken, helfen wirklich, die Oberflächlichkeit beim Lesen von Gedichten, von Texten ganz allgemein, zu überwinden. Man erkennt, wie gewisse Dinge aus zunächst unscheinbar daherkommenden Wörten herausleuchten und einem den Weg zum Sinn des benutzten Wortes, des Textes zeigen. Und wenn deuten zeigen heißt, dann sind wir auch wieder bei Brecht, seinem epischen Theater, den Zuschauer, hier den Leser auf etwas hinzuweisen, ihm etwas zu zeigen.


 

 

 

 

 

Was ist ein Gedicht ?

Grundsätzliche Fragen über Gedichte und Lyrik an klug ausgewählten Beispielen.

Wie und warum sprechen uns Gedichte an ? Werden Gedichte gemacht oder fliegen sie der Dichterin oder dem Dichter zu, brechen quasi aus ihnen heraus? Stehen sie berechtigterweise unter dem Verdacht, Lüge zu sein ? Will jedes Gedicht schön und vollkommen sein ? Was macht das moderne Gedicht aus ? Kann Lyrik politisch sein ? Und warum so viel Liebe und Natur in Gedichten ?

 

Mein Einwurf

„Das Gedicht will die Vollkommenheit“ schreibt Peter von Matt in seinem wunderbaren Bändchen „Was ist ein Gedicht?“Der Mensch will die Vollkommenheit, weil er sie denken kann, seit er sie denken kann. Und er will vollkommen sein, um die Zeit zu besiegen, denn diese Vollkommenheit, so Peter von Matt, ist seine zweite Beute. Genau nach der Jagd der Dichter.

Ganz anderer Meinung war Sokrates. Für ihn war jeder unfähig zu dichten, solange er noch Vernunft besaß, denn die Vernunft sei unfähig, die Wahrheit der Dichtung zu begreifen.

Anders sieht es bei Heine aus.Er formuliert es mit seinen Zweiteilungen: „Prosa ist ehrlich, Verse sind verlogen. Mit dieser Aussage würde er wahrscheinlich auch heute noch viele Freunde finden, denn die Lyrik steht noch immer im zweiten Glied. Ein Literaturpreis an einen Lyriker ist, wie wir bei Jan Wagner gesehen haben, schlicht eine Sensation.

Also dürfen Verse nicht schön sein, denn dann wären sie ja wahr. Doch was sind schöne Verse und was ist Schönheit? Daraus wurde im 19. Jahrhundert: „ Was schön ist, muß moralisch einwandfrei sein.“

In dieser Form führt uns Peter von Matt mit vielen kleinen Gedichten durch die Jahrhunderte.Aber er gibt auch eine Antwort darauf, woher der Dichter all den Stoff nimmt.„Sein privates Leben ist für den Künstler Material unter vielen Materialien.“ Mit anderen Worten: Es ist nicht alles biographisch. Er sammelt und führt dann das Gefundene und Erlebte zusammen.

Kommen wir zur Anfangsfrage zurück. Was ist ein Gedicht ? Von Matt gibt schon im ersten Satz die Antwort: „Niemand weiß, was ein Gedicht ist.“ Zumindest kann man aber sagen, worum es ihm geht. Um seine „moralische Berechtigung.“ Und darum, so meine ich, geht es doch immer wieder auch dem Menschen. Seit dem „Paradies“.


 

 

Beschau die Werke der Natur,

Betrachte Bäume, Feld und Tiere

Und lerne, wie der Liebe Spur

Dich überall zum Scherzen führe !

Wodurch sind ich und du denn da ?

Zu was bist du nebst mir geboren ?

Der, so die Welt im Wesen sah,

Hat uns zum Lieben auserkoren.

 

(aus „An Selinden“ von Johann Christian Günther. 1719)

 

 

 

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