Kafka Franz

 

Franz Kafka

*3. Juli 1883 in Prag, Österreich-Ungarn;

 † 3. Juni 1924 in Kierling, Österreich

 

Die Romanfragmente

  • 1925 – Der Process. Niederschrift 1914/15; abweichend von Kafkas Schreibweise für das Romanfragment werden Der Proceß oder Der Prozess verwendet.
  • 1926 – Das Schloss. Niederschrift 1922; Romanfragment.
  • 1927 – Der Verschollene. Erste Entwürfe 1912 unter dem Titel „Der Verschollene“; von Brod unter dem Titel Amerika veröffentlicht, heute ist der ursprüngliche Titelname wieder eher gebräuchlich; Romanfragment.

 

 1915 Die Verwandlung



 

Die Verwandlung

"Es ist kein Traum", schreibt der Erzähler in sachlichem Ton, und doch mutet es an wie ein Horrortrip: Nach einer unruhigen Nacht erwacht der Tuchhändler Gregor Samsa eines Morgens als ungeheures "Ungeziefer" mit Panzer, Flügeln und Fühlern. Als ekelerregender, kriechender Käfer ist der bisherige Ernährer der Familie allen bald nur noch lästig. Je mehr er körperlich und seelisch verkümmert, desto stärker werden Vater, Mutter und Schwester.

Franz Kafkas Erzählung "Die Verwandlung" (1915) beginnt mit einem unerklärlichen und mysteriösen Vorfall und entwickelt eine unerbittliche Plausibilität. Bis heute entziehen sich die eigentlich klaren Sätze jeder Eindeutigkeit und lassen viel Spielraum für Interpretationen.

 

Mein Einwurf

Das große Ungeziefer, in welches ein Reisender plötzlich über Nacht verwandelt wird. 

Er, dessen Tätigkeit überhaupt nicht geschätzt wird, verändert sich in ein Lebewesen, als welches er eigentlich immer angesehen wurde: In ein Ungeziefer.

Und eigentlich hat er sich gar nicht verändert, verwandelt. Es ist lediglich an der Zeit, daß die anderen, die Gesellschaft sich verändert, ihre Meinung ändert und sich in eine menschliche verwandelt.

Dieses "Ungeziefer" hatten sie früher, vor der Verwandlung geduldet, weil es ihnen nützlich war (Eltern, Chef) danach wurde es verschlossen und man besann sich plötzlich auf die vorher unnütze Tochter, weil die sich zu dem Bruder traute und so von Nutzen war.
Gregor dagegen, nun offiziell Ungeziefer, fand neue Freiheiten. Zum Beispiel, unter der Decke zu kriechen und sich mit einem lauten Knall auf den Boden fallen zu lassen, ohne sich dabei zu schaden.

Gregor störte es zunächst nicht, daß er plötzlich Ungeziefer war. Er machte sich darum auch keine Gedanken. Ihm ging es nur darum, den Alltag wie immer bewältigen zu können. Warum auch, er war doch für die anderen schon immer eine Art Ungeziefer gewesen. Nur bis heute nutzbringendes Ungeziefer, da alle von ihm lebten.
Jetzt war er, das ist der einzige Unterschied, auch äußerlich dazu geworden und damit das Gegenteil von nutzbringend. Vor allen Dingen für die Menschen um ihn herum. Die mußten nun sehen, wie sie ohne ihn zurechtkamen. Und dafür sich - d.h. ihre Meinungen und Vorstellungen - verändern.

Als dieses geschehen war, gab es nur noch ein Problem: Das Ungeziefer mußte weg. Und damit sie sich die Hände daran nicht schmutzig machen, hatten sie vorgesorgt. Weil man ja "menschlich" war, gab man dem Ungeziefer stets Essen, aber keins, welches ihn am Leben halten konnte.

 Mit anderen Worten; Nicht ein Mensch wurde zum Ungeziefer verwandelt, sondern die Verwandlung betraf die Gesellschaft. Sie verwandelte sich, um die "Unteren" das Ungeziefer loszuwerden.

Doch noch etwas anderes, etwas autobiographisches zeigt sich hier: Die Vereinsamung die Kafka ergriffen hatte. Schon fünf Jahre vorher schrieb er in den „Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande“, daß nur der Körper zu solchen Veranstaltungen geschickt würde, das Ich bliebe, zum Käfer verwandelt, zu Hause. Es ist seine Angst, seine Empfindlichkeit gegenüber der Außenwelt.


 "Und es war ihnen wie eine Bestätigung ihrer neuen Träume und guten Absichten, als am Ziele ihrer Fahrt die Tochter als Erste sich erhob und ihren jungen Körper dehnte." 

Das war der Sieg über das Ungeziefer, die neue Freiheit. 


 

 

 

 

 

Der Prozeß

Grundlos wird Josef K. an seinem 30. Geburtstag verhaftet und verhört. Die Umstände sind grotesk, niemand kennt das Gesetz, und das Gericht bleibt anonym.
 Die Schuld erfährt Josef K., hafte ihm an, ohne dass er dagegen etwas tun könne. Verbissen, aber erfolglos versucht er, sich gegen die zunehmende Absurdität und Verstrickung zu wehren, schlägt jede Warnung vor weiterer Gegenwehr in den Wind und wird schleißelich ein Jahr später vor den Toren der Stadt exekutiert.

 

Mein Einwurf

Doch so ist es eben im Leben, der Prozeß endet nie.
Der von K. erinnert, natürlich bei Kafka möchte man fast sagen, an das Letzte Gericht, andererseits spiegelt er den Prozeß unseres Lebens wieder. Immer wenn wir uns vom Weg der Freiheit abwenden, werden wir angeklagt, klagen wir uns an, aber wir kennen die Anklage nicht, weil wir nicht wissen, warum wir diesen Weg verlassen haben und kennen das Gericht nicht, oder doch, vielleicht die Gesellschaft, die uns anklagt, aber eigentlich keine Verteidigung zuläßt. Bei Kafka eben auch das religiöse Gericht.Die religiöse letzte Instanz.

Auch wenn wir im Recht sind, sieht es die Gesellschaft als ihr Recht, als ihre Freiheit, ihren eigenen Prozeß zu führen, dessen Sinnlosigkeit aber offen zu Tage tritt.
Der Roman bei Kafka ist unvollendet mit einigen Fragmenten am Ende. Dieser unser Prozeß, der von der Gesellschaft geführt wird, der Prozeß unseres Seins kann zu keinem Urteil kommen, weil es diese letzte Instanz gar nicht gibt. Am Ende unseres Seins werden wir abgeführt auf einen trostlosen Acker. Ein Urteil wird dann hinfällig.
"... ohne, daß er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet." So beginnt die Geschichte.
 Es ist unsere Geburt.

Nein, dies ist natürlich keine Kafka-Interpretation - davon gibt es schon reichlich - und ich würde es mir nie anmaßen eine solche zu versuchen, alleine schon, weil ich glaube, daß Kafka selber noch dabei war, seine Gedanken zu sortieren, nach einem Urteil zu suchen und es ihm bewußt wurde, daß er diesen Prozeß nicht vollenden konnte. Vielleicht ein Grund, warum er sein Werk nach seinem Tod verbrennen lassen wollte. Doch die Fragen bleiben natürlich. Und so irren wir weiter durch die Gänge des Lebens und suchen Hilfen, die uns irgendeinem Ziel, einem Lebensziel näher bringen. Eines aber sollte uns bewußt sein, unser Urteil steht schon bei der Geburt fest.


"...gab es Einwände, die man vergessen hatte ? Gewiß gab es solche. Die Logik ist zwar unerschütterlich, aber einem Menschen, der leben will, widerspricht sie nicht. Wo war der Richter? Wo war das Hohe Gericht ? Ich habe zu reden. Ich hebe die Hände."


 

 

 

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