Singer Lea

 

Lea Singer

 

Geboren als Eva Gesine Baur

* 11. August 1960 in München

 

Eine deutsche Kulturhistorikerin und Schriftstellerin.

Fiktionale Literatur, vor allem Romane vor einem musikhistorischen Hintergrund, schreibt sie unter dem Pseudonym Lea Singer.

 

Werke unter anderem :


Mandelkern   2007

Anatomie der Wolken   2015

La Fenice   2020


Auszeichnungen unter anderem:


2010: Hannelore-Greve-Literaturpreis für ihre unter dem Pseudonym Lea Singer publizierte Prosa

2016: Schwabinger Kunstprei

2017: Arbeitsstipendium der Landeshauptstadt München als Lea Singer

2018: Bodensee-Literaturpreis für ihr bisheriges Gesamtwerk

 

 

 

Mandelkern 

Grace Eder ist eine Frau, die alles erreicht zu haben scheint. Sie ist eine international renommierte Neurowissenschaftlerin, attraktiv und umschwärmt. Doch sie, die Expertin für die Biochemie der Gefühle, hat Schwierigkeiten, sich hinzugeben und tief zu empfinden. Am Tag vor dem Heiligen Abend stellt sie, alleine im Labor auf das Ergebnis eines Versuchs wartend, den Sinn ihrer bisherigen Existenz infrage. Da tritt eine Frau in ihr Leben und verspricht, ihr das größte irdische Glück zu verschaffen. Eine rasante Suche nach Liebe und Erfüllung nimmt ihren Lauf.

 

 

Mein Einwurf

Es war im Jahre 2015 als ich Lea Singer bei einer Lesung in der Uni kennenlernte und ich war zunächst nicht wirklich begeistert. Allerdings muß ich zugeben, damals noch kein Werk von ihr gelesen zu haben. Durch Zufall bekam ich nun den Roman „Mandelkern“ in die Finger und bin seit dem bereit, meinen ersten Eindruck, zumindest was das Schriftstellerische betrifft, ganz und gar neu zu überdenken. Anders ausgedrückt, sie hat mich irgendwie überzeugt. Nun wird dieses Werk immer wieder mit Goethes Faust verglichen. Sicherlich sehr gewagt, obwohl Lea Singer es wohl darauf angelegt hat, einen modernen weiblichen Faust entstehen zu lassen.Wie weit dies gelungen ist, vermag ich nicht zu entscheiden. Für mich wichtiger ist etwas anderes, was sie meiner Meinung nach geschafft hat darzustellen: Der Mißbrauch der Wissenschaft für einen banalen eigenen Ruhm, und der Neid an dem Erfolg des jeweils anderen. Heute mehr denn je tagtäglich zu erleben.

Ruhm und Erfolg bedeuten nicht gleichzeitig und automatisch auch Glück. 

Die Gier, die mit dem Erfolg wächst, ist auch immer die Gier der anderen nach meinem Glück, um auf dieser Welle mitzuschwimmen. Aber nur auf der materiellen Welle. Sollte das persönliche Glück des Erfolgreichen jedoch den eigenen Aufstieg stören, ist man bereit, um dies zu verhindern, das Glück desjenigen, der verantwortlich für den eigenen Ruhm ist, zu zerstören. Sein Wissen darf der andere nur dazu nutzen, das Ansehen der Mitschwimmenden zu vermehren. Ist das in Gefahr, gibt es auch keine Unterstützung mehr. 

Es geht nicht um die eigene Leistung, sondern nur darum wie man vom Kuchen des Erfolgreichen möglichst viel abbekommt, ohne selber eine Leistung erbringen zu müssen. Dazu ist jedes Mittel angebracht, denn man weiß, daß der Erfolgreiche nur über ein größeres fachliches Wissen verfügt, meistens aber nicht die Tricks des Mephisto beherrscht. Und wenn er sie erkannt hat, ist es für ihn zu spät. Nur, wenn er sich wieder ganz nach unten begibt, gelingt es ihm auch die anderen wieder klein werden zu lassen. Wenn er verstanden hat, daß es für das eigene Glück besser ist, „ein lebender Esel“ zu sein, „als ein toter Doktor.“ Oder: „Lieber dumm leben als gescheit sterben.“

"Grace wusste, was der Elefant sah, wenn er flog. Und sie lachte.“

 

 

 

Erläuterung zum Titel

Die Amygdala ist ein paariges Kerngebiet des Gehirns im medialen Teil des jeweiligen Temporallappens. Sie ist Teil des Limbischen Systems. Der Name der Amygdala (fachsprachlicher Plural: Amygdalae) ist nach ihrem Aussehen aus lateinisch amygdala, dies aus altgriechisch ἀμυγδάλη ‚Mandel(kern)‘, geschöpft. Sie wird auch als Mandelkern oder als Corpus amygdaloideum, bezeichnet.

Die Amygdala ist an der Furchtkonditionierung beteiligt und spielt allgemein eine wichtige Rolle bei der emotionalen Bewertung und Wiedererkennung von Situationen sowie der Analyse möglicher Gefahren

(Wikipedia)

 

 

 

 


Anatomie der Wolken

Caspar David Friedrich und Johann Wolfgang von Goethe: Zwei Genies, zwei Epochen. Zwei Künstler wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Johann Wolfgang Goethe, das alternde Universalgenie, und der junge, wilde Romantiker Caspar David Friedrich. Als sie sich 1810 begegnen, ist der eine auf dem Zenith seines Ruhms, während der andere mit allen Konventionen seiner Zeit bricht

 

Mein Einwurf

"Warum mußten bewährte Wege geändert werden ?"

In diesem Satz von Goethe, also dem Goethe im Roman, spiegelt sich all das wieder, was wir heute mit dem Begriff     "Generationenkonflikt" meinen. Aber ist es wirklich ein Konflikt ? Eher doch wohl eine Weiterentwicklung der Organismen - hier, der abstrakten -, die einmal den Menschen bilden sollen, der er sein soll. Noch sind die Bilder des jungen Malers Friedrich fast leer, weil er all das, was im Denken Goethes zu finden ist, dem Gestern  überläßt. Und für das Morgen fehlt ihm noch die Erkenntnis. Aber eins erscheint ihm sicher: Die Wolken werden ihn führen. Die Freiheit wird ihm das Morgen zeigen.

Was die Autorin hier erzählt, ist nur nebenbei das Aufeinandertreffen von Goethe und Friedrich, von Klassizismus und Romantik, es ist das Aufeinandertreffen zweier Welten, von Generationen, das Aufeinandertreffen von Gestern und Morgen, wie es auch heute noch täglich stattfindet.

Da ist die ältere Generation um Goethe, der sich gerne mit der weiblichen, jüngeren Generation umgibt und auch den Fortschritt in der Wissenschaft befürwortet und sogar selber vorantreiben, jedoch die Grundprinzipien des Gestern nicht verändern will. Und da ist der junge Maler Friedrich, der nur seine neuen Vorstellungen  gelten läßt, aber die von Gestern in keiner Weise akzeptieren kann. Manchmal schwankt Goethe zwischen Gestern und Morgen, ist allerdings nicht in der Lage, Althergebrachtes ganz abzuschütteln. Auch ein Kompromiß ist für beide undenkbar. Und selbst die Wolken schaffen so eine Verbindung nicht. Sie ziehen einfach weiter und handeln, ohne sich beeinflussen zu lassen.


Beide, Goethe und Friedrich wollen eine Analyse der Wolken, auf keinen Fall aber der Gedanken und der Gesellschaft. Denn das wäre "Verrat" an ihrer Welt. Nun ist die Anatomie ja eigentlich die Lehre vom inneren Bau der Organismen, von deren Analyse man sich neue Erkenntnisse erhofft. Goethe will Erkenntnisse, doch die sollen ihm, genau wie Friedrich, zur Bestätigung des eigenen Denkens dienen.

Und heute ? Noch immer stoßen viele Goethes und Friedrichs aneinander. Die Konflikte zwischen den Generationen bestehen weiter. Sie hat es von Anbeginn der Menschheit gegeben und sie wird es bis zu ihrem Ende geben. Und die Wolken ? Sie formen sich immer wieder neu und wandern weiter. Nur sie sind wirklich frei.



Siehe auch Autorenlesungen 2015 – Anatomie der Wolken

                                         2021 - La Fenice 





 

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