Autorenlesungen2015

 

Autorenlesungen

 

 

Deutsche Literatur der Gegenwart

2015

 

 

                                  Gedanken -

                      beim Zuhören geboren

 

        Marlene Streeruwitz - Lea Singer - Olga Grjasnowa - Tanja Duckers - Stephan Thome - 

Judith Kuckart

 

 

 

Marlene Streeruwitz

liest aus: "Nachkommen" - 26.10.2015

 

Geboren am 28. Juni 1950 in Baden bei Wien

Österreichische Schriftstellerin und Regisseurin. Sie lebt in Wien, London und in New York.

 

Auszeichnungen unter anderem:

2003: Brüder-Grimm-Professur

Im März 2004 nahm sie den Badener Kulturpreis nicht an, da die Festansprache von der damaligen Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (ÖVP) gehalten werden sollte

2009: Droste-Preis

2014: Longlist Deutscher Buchpreis mit Nachkommen

2016/2017 Paderborner Gastdozentur für Schriftstellerinnen und Schriftsteller

 

 

 

Nachkommen

Nachkommen ist ein Roman (2014) über die Ordnung der Generationen und wie sie durch Gier und Vernachlässigung außer Kraft gesetzt wird. Am Morgen verabschiedet sich die zwanzigjährige Nelia Fehn von ihrem toten Großvater, am Abend sitzt sie als jüngste Autorin bei der Verleihung des Deutschen Buchpreises. Marlene Streeruwitz gewährt einen Insider-Einblick in das Literaturgetriebe.

 

Notizen

Marlene Streeruwitz erzählt in ihrem Roman „Nachkommen“ über die Autorin Nelia Fehm, die mit ihrem Roman auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises landet.

Gleichzeitig schreibt sie den Roman von Nelia Fehm „Die Reise einer jungen Anarchistin nach Griechenland“ und möchte ihn unter deren Namen, also unter dem Pseudonym Nelia Fehm herausbringen, was ihr der Verlag aber verweigert.

Daraufhin landet ihr Buch „Nachkommen“ „nur“ auf der Longlist des Deutschen Buchpreises.

Soviel zur Vorgeschichte.

Marlene Streeruwitz sagt, daß sie Literatur nicht schreibt, um zu erzählen, sondern um Literatur wahrnehmbar zu machen.

Gleichzeitig wehrt sie sich dagegen, Feministin zu sein, was meiner Meinung nach aber die einzige Erklärung für ihr Schaffen ist. Mehrmals versucht sie den „Scherz“ anzubringen, um Feministin zu sein, müßte sie jetzt 65 Jahre sein.

Sie wurde 1950 geboren und wir schreiben das Jahr 2015.

Aber es ist wohl so, wie sie es selber sagt: Sie sei gekränkt.

Schon zu Beginn der Lesung macht sie deutlich, wie sie zu dem Verfahren steht, ein Buch für den Buchpreis einzureichen und auch, wie die Medien damit umgehen. Dies taucht übrigens auch als Thema in ihrem Roman unter Nelia Fehm auf. Er erscheint nach einem langen Streit mit ihrem Verlag schlielich unter: Marlene Streeruwitz als Nelia Fehm.

Meiner Meinung nach glaubt sie, nicht richtig gewürdigt zu werden und versucht deshalb eine Trotzhaltung. Diesen Eindruck machen zumindest ihr Auftreten und ihre Äußerungen bei der Lesung.

 

 

 

 

Lea Singer

liest aus: „Anatomie der Wolken“ – 02.11.2015

 

Geboren als Eva Gesine Baur am 11.August 1960 in München

Lea Singer ist das Pseudonym der deutschen Autorin Eva Gesine Baur. Sie studierte nach dem Abschluss einer Kochausbildung Kunstgeschichte, Literatur- und Musikwissenschaften und Gesang und promovierte 1991 an der Universität München. Nach ihrem Studium arbeitete sie als stellvertretende Chefredakteurin und Chefredakteurin bei verschiedenen Zeitschriften. Heute arbeitet sie als freie Autorin und Journalistin.

    

Auszeichnungen unter anderem:

2016: Schwabinger Kunstpreis

2018: Bodensee-Literaturpreis für ihr bisheriges Gesamtwerk

 

Werke unter anderem :

Anatomie der Wolken. Roman  2015

La Fenice. Roman  2020

 

 

 

Anatomie der Wolken

2015 erschien ihr Buch Anatomie der Wolken, dem verbürgte Begegnungen des alternden Universalgenies Johann Wolfgang Goethe mit dem jungen, wilden Romantiker Caspar David Friedrich zugrunde liegen und Goethes belegte Zerstörungsaktion von Friedrichs Bildern.

 

 

Notizen

Die Autorin erzählt von der Begegnung zwischen Goethe und Caspar David Friedrich 1810.

Wahlverwandschaften galten damals als kompromittierend, als gegen die Moral.

Zusammentreffen von Poesie und Malerei. Der Konflikt zwischen beiden.

Es ist die Begegnung zweier großer Künstler, die einander fremd bleiben, obwohl sie die Größe des anderen erkennen.

Fragen nach der Vormachtstellung von Klassik oder Romantik klingen an.

Meiner Meinung nach wurde alles etwas überspannt dargestellt. Dies aber nur nach dem Urteil der kurzen Lesung.

Lea Singer schreibt ohne wörtliche Rede. Begründung: Wir wissen, wie die Personen gedacht haben, aber nicht, was sie gesprochen haben.

Biographisch paßt vieles nicht - also mehr Roman - in der Sprache sehr einfach, manchmal durchaus sexistisch, nicht mitreißend (wie auch ihr Lesestil). Ich habe dann im Internet ein NDR-Gespräch mit ihr gefunden, welches in der Wortwahl fast gleichlautend mit ihrem Vortrag, ihren Antworten nach der Lesung war.In Bezug auf den Roman auffällig ebenfalls die meiner Meinung nach schwache Sprache. Sie hat nur eine, nicht einmal eine jeweils eigene für Goethe und Friedrich.

Alles ein bißchen schwarz/weiß, wie die Wolken und der Himmel.

 

Siehe auch: Autoren:  Singer, Lea

                 Autorenlesungen 2021

 

 

 

 

 

 

Olga Grjasnowa

liest aus: „Die juristische Unschärfe einer Ehe“ – 09.11.2015

 

Geboren am 14. November 1984 in Baku, Aserbaidschanische SSR, UdSSR,

Deutsche Schriftstellerin, lebt in Berlin.

 

Auszeichnungen unter anderem :

2012: Anna Seghers-Preis

2015: Chamisso-Förderpreis

 

 

Die juristische Unschärfe einer Ehe

Olga Grjasnowa erzählt von zwei Frauen und einem Mann, die von der Liebe träumen, aber auch nicht wissen, wie man mit der Liebe lebt. Eine rasante Dreiecksgeschichte und ein ungeheuer direkt erzählter Roman über Glück und Unglück in einer Zeit, da alles möglich scheint.

 

Notizen

Olga Grjasnowa versucht nebenbei die Situtation in Rußland zu beschreiben. Unter anderem die Homosexualität und die sozialen Verhältnisse.

Ihre Hauptdarstellerin versagt sowohl im Osten, als auch im Westen, in der Ehe und als Tänzerin.

Wahrscheinlich spielen hier auch autobiographische  Erfahrungen eine Rolle.

Gleich vorweg sei gesagt, daß das Lesen nicht zu den Stärken von Grjasnowa gehört. Und so ist der Text oft kaum verständlich.

Nach Meinung der Autorin ist die Ehe juristisch nicht scharf definiert, wenn von der „üblichen Ehe“ abgesehen wird. Sie scheint ihr genauso unscharf  wie die politischen Systeme.

Ihr Roman beginnt in der Mitte, beim Kapitel 0. In den anderen zwei oder drei Kapiteln wechselt dann auch wieder ständig die Zeit. Also kaum in irgendeiner Weise strukturiert.

Ich glaube, ihr fehlt ein bißchen das große Ziel, sie weiß nicht genau, worauf sie eigentlich hinaus will und versucht möglichst viele Probleme zu behandeln, die dann aber teilweise an der Oberfläche bleiben.

Außerdem spielt der Roman noch während der postsowjetischen Zeit des kalten Krieges, eine Zeit, die sie aber auch nur vom Erzählen kennen kann. (Geboren 1984)

Sehr einfach erscheint mir auch ihr Denken. Hier bestätigt sich mein Eindruck von ihrem Fernsehauftritt (Druckfrisch, Denis Scheck). Irgendwie wirkt ihre ganze Person etwas kindlich naiv.

So redet sie zum Beispiel von der „juristischen Unschärfe der Ehe“ im Titel, meint aber, daß hier im Westen nur die klassische Ehe juristisch definiert sei. Das mag für die Ehe in ihrem Roman gelten, doch darüber hinaus geht ihr Blick nicht.

 

Mein Einwurf

Die Gefahr gehört zu unserem Leben und wir schalten sie nicht aus, indem wir diese oder jene Handlung unterlassen. Und auch den Terror werden wir nie ganz beseitigen können. Es hat ihn immer in der einen oder anderen Form gegeben und es wird ihn weiterhin geben, solange bis die Menschen erkennen, daß sie nicht geboren werden, um sich gegenseitig zu bekämpfen und daß es keine guten und bösen und keine minderwertigen Menschen gibt, solange auf dieser Welt die Religonen jede für sich glauben, die alleinige Wahrheit zu kennen und zu besitzen.Und ich sage ganz für mich, solange es Religonen gibt.

Aber kommen wir zu etwas Weltlicherem, der Ehe, womit es die Götterwelt ja nun wirklich nicht so genau nahm.
Olga Grjasnowa hat sich in ihrem Roman "Die juristische Unschärfe der Ehe" dieses Thema vorgenommen. Eine Dreiecksgeschichte. Damit kannten sich die Götter – zumindest die frühen - wieder sehr gut aus, weshalb der Titel wohl auch in dem Roman überhaupt nicht vorkommt. Die junge Grjasnowa (31) versucht nebenbei die Situation in Rußland - sie stammt aus Baku/Aserbaidschan - zu beschreiben, welche sie aber nur wenig kennt und noch wengiger beurteilen kann, genauso wie die dortige Literatur. Sie antwortet auf eine Frage zumindest ehrlich, daß sie weder über die Literatur in Aserbaidschan noch in Rußland auch nur ansatzweise Bescheid wiss
e. 

Helmut Pohl

 

 

 

Tanja Dückers

liest aus: „Das Harmonium“ – 16.11.2015

 

Geboren am 25. September 1968 in West-Berlin

 Eine deutsche Schriftstellerin und Journalistin.

Studierte Germanistik und Nordamerika-Studien sowie Kunstgeschichte.

 

 

Auszeichnung unter anderem:

2000: Förderpreis des Literaturpreises Ruhrgebiet

 

 

Das Harmonium

„Das Harmonium“ von Tanja Dückers, eine Künstlergeschichte im Zweiten Weltkrieg: Friedrich stirbt als Soldat, sein jüngerer Bruder kann zu Hause bleiben, das titelgebende Instrument spielen und wird Pianist – später erfährt er, daß die Eltern es einst verfolgten Juden zum Schleuderpreis abgeknöpft haben. 

 

 

Notizen

„Das Harmonium“ ist eine Variation über die „Judenbuche“ von Annette von Droste- Hülshoff. Abgedruckt in „So wie du mir“- 19 Variationen über die Judenbuche.

Da kommt etwas aus einer anderen, früheren Welt in das Jetzt, bringt Unordnung. Etwas aus der friedlichen Vergangenheit überschreitet den Augenblick, den Krieg, den Terror, das „Böse“.

Ihre Sprache basiert viel auf Klischees. Sie nimmt den Leser nicht mit. Da frage ich mich, was will sie eigentlich ? Sie versucht, viele Dinge aus der Vergangenheit bis zu den Nachkriegsproblemen in kleinen Geschichten  zu bewältigen, wahrscheinlich zusammen mit ihren eigenen. Dabei wirkt alles oberflächlich.

Die Schuldfrage in Bezug auf die Kriegszeit wird nicht gelöst, aber es bleiben ihre Vorurteile, ihre eigenen.

Dadurch, daß sie Prosa und Lyrik auch gleichzeitig zum selben Thema schreibt, kommt es zu einer Überfrachtung.

Was sie in Prosa nicht wirklich ausdrücken kann, verarbeitet sie in Lyrik.

 

 

 

 

Stephan Thome

liest aus: „Gegenspiel“ – 30.11.2015

 

Geboren am 23. Juli 1972 in Biedenkopf

Bürgerlich Stephan Schmidt

Studierte  Philosophie, Religionswissenschaft und Sinologie

 

Werk unter anderem:

Gegenspiel   2015

Auszeichnung unter anderem:

2014: George-Konell-Preis

 

 

Gegenspiel

Maria ist achtzehn und möchte raus aus Portugal. Mitte der Siebzigerjahre bietet das Land einer jungen Frau wenig Perspektiven. Maria aber will nicht heiraten und Kinder kriegen, sie will mehr vom Leben...

 

 

Notizen

„Gegenspiel“ erzählt die Geschichte aus „Fliehkräfte“, wo sie aus der Perspektive des Mannes geschildert wird, nun aus der Sicht der Frau des Ehepaares.

Thome schrieb die Romane, weil ihn die Entscheidung des Mannes interessierte, der in einem Alter von ca 56 Jahren noch einmal neu entscheiden mußte.

Seine Dialoge sind auf Mißverständnisse angelegt.

Zeit: Beginn 1975 > Ende der Diktatur in Portugal/ Umsturz)

 

 

 

 

 

Judith Kuckart

liest aus: „Dass man durch Belgien muss auf dem Weg zum Glück“ – 07.12.2015

 

Geboren am 17. Juni 1959 in Schwelm

·        Deutsche Tänzerin, Choreografin, Regisseurin und Schriftstellerin

 

2012: Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis

2018: London Stipendium des deutschen Literaturfonds 2018 in Kooperation mit dem Queen Mary College der University of London

 

 

 

 

Das man durch Belgien muß auf dem Weg zum Glück

In einem Reigen aus elf Episoden erleben Judith Kuckarts Figuren Unerhörtes.

 

 

Notizen

Menschen auf der Suche, auf allen Ebenen des Lebens.

      Stichwort: Wandermenschen

Es ist eigentlich gleichgültig, ob Belgien – Flandern – Wallonie, ob katholisch oder was auch immer, wenn man das Glück finden will.

Sie beschreibt gerne, was sie sieht und überlegt sich die Details und besonders die Reihenfolge.

Ihre Fassungen verändern sich oft.

 

Siehe auch Autoren: Kuckart, Judith

Und Autorenlesung 2013 - "Wünsche"

Und Autorenlesung 2019 - "Kein Sturm nur Wetter"


 

 

 

 

 

 

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